Leben wird nicht gemessen an der Anzahl der Atemzüge, sondern an den Momenten, die uns den Atem rauben.
Das war so ein Moment…es ging endlich los.
Da redet man monatelang von diesem einen Moment und schwupp war es soweit.
Der Tag war gekommen und wir beschlossen nach dem Frühstück zu starten. Noch schnell zum Ausklarieren (Customs and Immigration Office), Wasser auffüllen, tanken, die letzten Escudo auf dem Markt für frisches Obst und Gemüse ausgeben. Die Anspannung war enorm.

Am 27.12.2017 um 11:28 Uhr legten wir ab und starteten Richtung Martinique Karibik.


Es war die erste Vollmondnacht.
Irgendwie hatten alle ein komisches Gefühl im Bauch, die ganze Zeit sprachen wir davon und jetzt war es soweit, das Abenteuer ging los.
Daniel verschaffte seinem Magen gleich am ersten Tag Erleichterung.
Kaum 45 Minuten nach Start, fing Denny einen kleinen Tunfisch, welchen wir zum Abendbrot mit Genuss verzehrten.
Die erste Nacht brach an und wir teilten uns in zwei Gruppen ein, mit je 6 Stunden Schicht.

Es dauerte genau 2 Tage, dann konnten wir endlich wieder weiter als 2 Seemeilen schauen und der Regen spülte den Sahara-Sand aus allen Poren unseres Schiffes. Nach drei Tagen hatte sich jeder eingelebt und seinen Platz auf der AquaVite gefunden.
Mich hatte es am dritten Tag aus der Bahn geworfen. Beim Kartoffel schälen verspürte ich plötzlich ein komisches Gefühl in der Magengegend. Keine 10 Minuten später lag ich und musste meinen Dienst für diesen Tag komplett abgeben.

Wir hatten durchweg sehr gute Bedingungen, 20-30 Knoten Wind, 4-5 Meter Welle genau von hinten, viel Sonne, nur ein Containerschiff und einen Segler sichteten wir. Drei Tunfische, einen Mahi Mahi und einen Barrakuda konnten wir in den 14 Tagen frisch zubereiten.
So ein Tag auf dem Atlantik, wo rings um nur Wasser zu sehen ist, kann ganz schön lang sein.
Wir lagen viel, erzählten über Gott und die Welt, machten ein wenig Schule, zelebrierten jede Mahlzeit, absolvierten eine Sportchallange, schauten gelegentlich am Abend einen Film und knabberten selbstgemachtes Popkorn dazu.

Da wir mit Vollmond los fuhren, hatten wir einen atemberaubenden Sternenhimmel. Ich hab sogar geschafft, ein Buch in der Vollmondnacht zu lesen.
Unzählige Sternschnuppen zählte wir.
Immer und immer wieder galt mein Wunsch, einer unbeschwerten Überfahrt.

Wir sahen traumhafte Sonnenauf – und untergänge, jeder von ihnen war einzigartig und zog ein tolles Farbenspiel mit sich.
Den Silvesterabend, hab ich mit den Kids schön verschlafen. Denny lag mit Daniel im Salon und ließen sich vom Filmsortiment berieseln.
Und ja es gab diesen Moment, wo man auf`s Wasser starrte, nicht’s außer Wasser sah und sich fragt, was man hier überhaupt macht. Im schlimmsten Fall hätte es 2 Tage gedauert, bis uns jemand gefunden hätte. Diese Gedanken verdrängt man aber wieder ganz schnell.
Vier Tage vor Ankunft, hatten wir einen Windeinbruch bis auf 18 Knoten, nun konnten wir endlich unseren Spinnacker einsetzen. Das taten wir dann auch fast 3 mal täglich, aufgrund der ständig wechselnden Wetterlage.
Drei Tage vor Ankunft, wurden wir ordentlich auf Trab gehalten. Einige Squalls, die binnen weniger Minuten auf unserem Radar sichtbar waren, zogen ganz knapp an uns vorbei, bzw. bekamen wir nur die Ausläufer davon zu spüren.
Die letzte Stunden brachen an und irgendwie fühlte es sich sau gut an, zu wissen, das wir bald festen Boden unter den Füßen haben werden, Menschen zu sehen, baden, geradeaus laufen, frisches Obst bzw. ein Eis zu essen oder einfach einen Café trinken.

Laut unseren Berechnungen sollten wir gegen 18 Uhr in Martinique ankommen. Die Maschinen wurden gestartet und mit Vollgas ging es Richtung Ankerfeld. Die letzten 2h hatten es nochmal in sich, heftiger Regenschauer, schlechte Sicht, unzählige Fischernetze vor denen wir versuchten auszuweichen. Gegen 19.30 Ortszeit, lag der Anker fest im Boden vergraben.

Wir hatten es geschafft. Schade das man diese Gefühle nicht in eine Dose legen kann, um sie immer mal wieder abzurufen.
Unseren Plan sofort an Land zu gehen, hatten wir ganz schnell bei Seite gelegt. Die Luft war komplett raus. Ruck Zuck ein paar Nudeln in den Topf und ich glaub gegen 21 Uhr ging jeder in seine Kajüte und freute sich einfach nur eine ganze Nacht tief und fest durchschlafen zu können.
Der erste Landgang auf Martinique
Mit knurrenden Magen ließen wir das Dingi ins Wasser und siehe da, es sprang nicht mehr an. Nach einer viertel Stunde, viel gefummel, sprang der Motor an und wir konnten Richtung Festland düsen.
Wahnsinn auf was man sich nach 2 Wochen Meer so freut. Wir bestellten uns einen frisch gepressten Fruchtsaft, Toast, Ei und den ersten Café. Wir saßen bestimmt 2h, beobachteten das Treiben, stellten die Beine ins Wasser. Der erste Wasserkontakt, die Kinder badeten, buddelten im Sand, jeder genoss den Moment auf seine weise. Die ersten Telefonate gingen raus, zum Teil unter Tränen vor Freude. Wir waren so stolz und happy.